Studienhintergrund

Konzeption
und Methodik

Die Umwelten Zivilgesellschaftlicher Organisationen

Ausgangspunkt unserer Analyse zur Zukunft der Zivilgesellschaft war die Betrachtung von Umweltveränderungen: Wir wollten uns damit auseinandersetzen, welche gesamtgesellschaftlichen Faktoren maßgeblichen Einfluss auf zivilgesellschaftliches Engagement und das Handeln von Organisationen haben werden.

Hierzu griffen wir zunächst auf das Instrument der Umweltanalyse zurück. Umweltanalysen bilden häufig den Ausgangspunkt von Strategieprozessen und nehmen ein möglichst breites Spektrum an Einflussfaktoren aus der gesamtgesellschaftlichen Umwelt einer Organisation in den Blick. Dazu zählen zum Beispiel politische, soziale oder ökonomische Faktoren, die jeweils als Systeme verschiedener Einflüsse verstanden werden können.

Die folgende Abbildung zeigt unser hierzu entwickeltes Modell, um in verschiedenen Dimensionen die sich verändernden Rahmenbedingungen für die Zivilgesellschaft zu analysieren.

Abbildung: Einflussfaktoren der Umweltanalyse

Alle sechs Dimensionen des Modells umfassen eine Vielzahl möglicher Einflüsse, sowohl auf das Engagementverhalten einzelner Menschen als auch auf zivilgesellschaftliche Organisationen selbst.

Politische Einflussfaktoren betreffen die Stabilität und Ausgestaltung des politischen Systems, rechtliche Rahmenbedingungen, staatliche Daseinsvorsorge oder auch die Beziehungsgestaltung zwischen staatlichen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Ökonomische Einflussfaktoren beschreiben die wirtschaftliche Entwicklung, zum Beispiel mit Blick auf den Arbeitsmarkt.

Technologische Einflussfaktoren beziehen sich auf die Nutzung und Verfügbarkeit (insbesondere digitaler) Informations- und Kommunikationsmedien, ökologische Einflussfaktoren auf die Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen und die vielfältigen ökologischen Auswirkungen der Klimakrise.

Normative Einflussfaktoren beschreiben individuelle und gesellschaftliche Wertvorstellungen und Konflikte. Zuletzt beschreiben soziale Einflussfaktoren Aspekte der Bevölkerungszusammensetzung (demographischer Wandel) und Verhaltensweisen von Menschen im sozialen Kontext.

In unserem Projekt diente dieses Modell dazu, zu Beginn ein breites Spektrum möglicher Einflussfaktoren auf die Zukunft der Zivilgesellschaft in den Blick zu nehmen, diese zu systematisieren und besonders relevante Faktoren (sogenannte Schlüsselfaktoren) zu identifizieren. Sowohl in Kapitel 4 (Prognosen) als auch in Kapitel 5 (Szenarien) bildete die Umweltanalyse eine wichtige konzeptionelle Grundlage. Dies wird im Folgenden näher erläutert.

Prognosen

In Anlehnung an das Modell der Umweltanalyse wurde aus fünf Dimensionen jeweils ein für die Entwicklung der Zivilgesellschaft als besonders relevant erachteter Faktor ausgewählt.

Wandel der Umweltfaktoren
Politische Umwelt

Wandel der öffentlichen Daseinsvorsorge

Ökonomische Umwelt

Wandel des Arbeitsmarktes

Soziale Umwelt

Wandel von Sozialräumen (mit Fokus auf Demographie)

Technologische Umwelt

Digitaler Wandel

Normative Umwelt

Wandel gesellschaftliche Konfliktlinien

Die Autorinnen und Autoren der Prognosen skizzieren jeweils eine wahrscheinliche Entwicklung zum jeweiligen Faktor und formulieren darauf aufbauend Thesen zur Zukunft der Zivilgesellschaft. Dabei werden in den Prognosen insbesondere die folgenden Fragen beantwortet:

Foresight-Prozess

Methodisch begleitet wurden wir von unserem Partner Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung (ISI).

Unser Foresight-Prozess basierte auf den in der folgenden Abbildung dargestellten Schritten.

Abbildung: Der Foresight-Prozess in Teilschritten!

In einem partizipativen Workshop wurde zunächst ein Brainstorming in Kleingruppen zu Einflussfaktoren durchgeführt, die die weitere Entwicklung der Zivilgesellschaft beeinflussen werden. Um hier ein möglichst breites Spektrum möglicher Faktoren in den Blick zu nehmen, wurde eingangs das oben dargestellte Umweltenmodell als Grundlage für das Brainstorming vorstellt.

Nach der Vorstellung der Gruppenergebnisse wurden in einem nächsten Schritt die sogenannten Schlüsselfaktoren identifiziert. Die Teilnehmenden wurden jeweils gebeten abzustimmen, welche drei Faktoren ihrer Meinung nach den stärksten Einfluss auf die Entwicklung der Zivilgesellschaft haben werden. Aus diesem Prozess ergab sich die in Kapitel 5 dargestellte Übersicht der neun Schlüsselfaktoren.

Der nächste Prozessschritt bestand in der Entwicklung von Trendannahmen. Für die identifizierten Schlüsselfaktoren wurden unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten für die nächsten zehn Jahre skizziert. Dazu wurden die Teilnehmenden zunächst gemäß unserer Raumtypendifferenzierung in drei Gruppen eingeteilt: Metropolregion, peripherer Raum und ländlicher Raum (Erklärung siehe Kapitel 2). Innerhalb der Gruppen folgte dann die Ausarbeitung von Trendannahmen zu den einzelnen Schlüsselfaktoren der Logik eines Tetralemmas folgend: zunächst wird eine im öffentlichen Diskurs etablierte und diskutierte Möglichkeit der Zukunftserwartung aufgezeigt (Annahme A).

Dieser Annahme A steht oftmals eine alternative, konträre Zukunftsentwicklung gegenüber (Annahme B). Nun wird nach einem Mittelweg oder einer Mischform der beiden Annahmen gesucht (Annahme C), um abschließend, als eine Art Wildcard, eine gänzlich andere, den Horizont erweiternde Zukunftsannahme zu formulieren (Annahme D). Durch diese verschiedenen Annahmen sollte demnach für jeden Schlüsselfaktor ein breites Spektrum an möglichen Entwicklungen dargestellt werden.

Im dritten Prozessschritt wurden Szenarien entwickelt. Hierfür sollten die Teilnehmenden Trendannahmen über verschiedene Schlüsselfaktoren hinweg miteinander verknüpfen. Dabei war es wichtig, besonders darauf zu achten, welche Zukunftsannahmen miteinander verknüpft plausible Kombinationen ergaben und welche sich hingegen widersprachen. Ziel eines Foresight-Prozesses ist es folglich nicht, eine wahrscheinliche Zukunft vorherzusagen, sondern stattdessen mehrere mögliche, alternative Zukünfte aufzuzeigen. Durch das Denken in verschiedenen Zukünften werden nicht nur Herausforderungen, sondern auch Gestaltungsspielräume sichtbar.

Auf Basis der entwickelten Szenarien wurden in einem letzten Prozessschritt Handlungsoptionen abgeleitet, um einzelne Szenarien zu fördern oder aber diesen entgegenzuwirken. Dafür wurden je Szenario die folgenden Fragen beantwortet:

Diese Fragen sollten dazu beitragen ein möglichst breites Spektrum an Handlungsoptionen zu entwickeln, die die verschiedenen Stakeholder sowie kurz- und langfristige Zeithorizonte mit in Betracht ziehen. Die ausführlichen Handlungsoptionen sind in dieser Studie nach jedem der Szenarien aufgeführt.

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