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Hintergrund und Zielsetzung

Die Umwelten der organisierten Zivilgesellschaft und des Engagements verändern sich schnell: So beobachten wir beispielsweise eine voranschreitende Migration von ländlichen Bevölkerungen in urbane Regionen, eine diverser werdende und gleichzeitig alternde Bevölkerung, eine rapide digitale Transformation vieler Lebensbereiche oder auch einen Wandel von Arbeitsverhältnissen. Hinzu kommen sich teils verstärkende, teils verändernde Muster sozialer Ungleichheit, gepaart mit einem gesellschaftlichen Wertewandel und neuen Generationenkonflikten.

Auch die Klimakrise wird über ihre ökologischen Wirkungen hinaus diverse soziale und ökonomische Veränderungen und Konflikte innerhalb unserer Gesellschaft mit sich bringen.

Viele dieser Faktoren werden die Rahmenbedingungen für gemeinnützige Organisationen und ihre Engagierten in Zukunft verändern. Sie fordern Organisationen Anpassungsfähigkeit und Veränderungswillen ab, eröffnen aber auch vielfältige Möglichkeiten, die Zukunft unserer Gesellschaft im Sinne des Gemeinwohls aktiv zu gestalten.

Jedoch sind erfolgreiche Modernisierungsprozesse in gemeinnützigen Organisationen voraussetzungsreich. So zeigt sich schon heute, dass viele Organisationen nicht hinreichend auf den langfristigen Strukturwandel in der Zivilgesellschaft vorbereitet sind.1 Häufig führen misslingende Anpassungsprozesse an neue Umweltbedingungen sogar zur Auflösung von Vereinen.2

Eine erfolgreiche Anpassung und zukunftsorientierte Mitgestaltung unserer Gesellschaft verlangen nicht nur (1) die Bereitschaft zum Wandel und (2) einen langfristigen Blick, sondern auch (3) Wissen um die sich verändernden Rahmenbedingungen. Allen drei Faktoren setzen die oftmals begrenzten Kapazitäten und Ressourcen gemeinnütziger Organisationen enge Handlungsspielräume.

Viele privatwirtschaftliche Unternehmen haben vor dem Hintergrund des sich beschleunigenden gesellschaftlichen Wandels bereits begonnen, den Blick in die Zukunft stärker in ihren Strategieprozessen zu verankern. Im Rahmen von sogenannten Foresight-Prozessen werden zukünftige Veränderungen für das unternehmerische Geschäftsfeld identifiziert, Zukunftsszenarien entwickelt und Strategien abgeleitet.3

Solche Prozesse helfen dabei, Organisationsstrukturen und -prozesse frühzeitig zu modernisieren. Gleichzeitig kann dadurch auch die wahrgenommene Selbstwirksamkeit zur Gestaltung gestärkt werden: Denn Zukunft ist das, was wir aus ihr machen.

Um auch in der organisierten Zivilgesellschaft mehr Aufmerksamkeit für die Relevanz sich verändernder Umweltbedingungen zu generieren, und Zukunftskompetenzen frühzeitig zu entwickeln, befasst sich unsere Studie mit den folgenden Fragen:

Mit unserer Studie regen wir dazu an, zukunftsorientiertes Denken, Planen und Handeln stärker in der heutigen Organisationspraxis zu verankern. Wir möchten sowohl das Bewusstsein für gesellschaftliche Veränderungen und ihre Auswirkungen für die Zivilgesellschaft stärken, als auch in unserer Studie mit der Foresight-Methode ein konkretes Werkzeug vorstellen, wie interessierte Organisationen vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Handlungssituationen die Entwicklung von Zukunftsszenarien in eigene Strategieprozesse integrieren können.

Bei der Umsetzung unseres Projekts konnten wir auf vielfältige Unterstützung zählen. Unser Dank gilt unserer Förderpartnerin, der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, unserem Foresight-Partner, dem Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung (ISI), sowie den Teilnehmenden unserer Workshopreihe zum Foresight-Prozess (siehe Kapitel 6).

An wen richtet sich die Studie
und wie ist sie zu lesen?

Mit unserer Studie möchten wir ein möglichst breites Spektrum zivilgesellschaftlicher Organisationen erreichen. Unsere Studie richtet sich an Verbände und Infrastruktureinrichtungen, die Angebote in der Organisationsentwicklung bereitstellen.

Sie ist ein Impuls, wie in solchen Angeboten die strategische Vorausschau sowie die Entwicklung von Zukunftskompetenzen stärker berücksichtigt werden kann. Unsere Studie richtet sich aber auch an einzelne zivilgesellschaftliche Organisationen aus unterschiedlichen Engagementbereichen und Regionen.

Sie verdeutlicht die Notwendigkeit, das Bewusstsein für weitreichende gesellschaftliche Veränderungen zu stärken und das heutige Handeln anzupassen.

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass zivilgesellschaftliche Organisationen in Deutschland vielfältig sind: Sie sind in unterschiedlichen Bereichen aktiv (zum Beispiel Sport, Bildung, Umwelt), variieren hinsichtlich ihrer Größe von rein ehrenamtlich getragenen bis hin zu Organisationen mit festen Mitarbeitenden, oder agieren an unterschiedlichen Orten (zum Beispiel in der Großstadt oder auf dem Land).

Darum müssen wir davon ausgehen, dass Engagement auch unterschiedlich von sich verändernden Umweltfaktoren betroffen sein wird.
Wir beobachten, dass gerade der Ort des Engagements eine wesentliche Richtungsvorgabe der weiteren Engagementmöglichkeiten darstellt.

Zivilgesellschaft wird im kommenden Jahrzehnt innerhalb verschiedener Räume teils mit sehr unterschiedlichen Trends und Herausforderungen konfrontiert sein.

Um in unserer Analyse eine gewisse Differenzierung in dieser Hinsicht vornehmen zu können, untergliedern wir daher im Verlauf der Studie in drei Raumtypen: Zivilgesellschaft in Metropolregionen, in peripheren Räumen und in ländlichen Räumen.

Die drei Raumtypen im Überblick
Metropolregion

Politische, wirtschaftliche, kulturelle
und gesellschaftliche Zentren
Hohe Bevölkerungsdichte
Bevölkerungswachstum

Beispiele
Berlin
Ruhrgebiet
Rhein-Main-Gebiet
München

Peripherer Raum

Ländliche Regionen mit Verdichtungsansätzen
Gute Infrastruktur
Trennung zwischen Arbeitsort und Wohnort

Beispiele
Kassel
Bietigheim-Bissingen
Westmünsterland
Frankfurt (Oder)

Ländlicher Raum

Ländlicher Raum
Sehr geringe Bevölkerungsdichte
mit hohem Durchschnittsalter
Schrumpfende oder schwache Infrastruktur

Beispiele
Sonneborn
Eschede
Freiensteinau
Breitenberg

Unsere Studie beschreibt in Kapitel 5 verschiedene Entwicklungsszenarien und Handlungsoptionen der Zivilgesellschaft getrennt für diese drei Raumtypen. Entsprechend empfehlen wir interessierten Leserinnen und Leser die gezielte Auseinandersetzung mit dem für sie und ihre Organisation besonders relevanten Handlungskontext.

In Ergänzung dazu helfen die kurzen Prognosen zu besonders relevanten Umweltfaktoren in Kapitel 4, einen schnellen Überblick über einige der wichtigsten Veränderungen in der Zivilgesellschaft zu erlangen.

Bitte beachten Sie, dass wir mit unseren drei Raumtypen lediglich eine recht grobe Differenzierung vornehmen. Räume lassen sich entlang einer Vielzahl verschiedener Kriterien unterscheiden, zum Beispiel der geographischen Lage, der Bevölkerungsdichte, des Mobilitätsverhaltens der Bevölkerung oder auch entlang sozioökonomischer Merkmale. So ließen sich ländliche Räume beispielsweise weiter untergliedern in ländliche Räume in strukturstarken und strukturschwachen Regionen.

Dennoch betrachten wir unsere grobe Differenzierung als wichtigen Impuls, um im Diskurs um die Zukunftsfähigkeit und Herausforderungen der Zivilgesellschaft zu einer präziseren Analyse der Umweltveränderungen und der Formulierung von Handlungsoptionen zu gelangen.

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